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Parteien und Komitees sollen offenlegen, von wem sie ihr Geld erhalten. Das verlangt die Transparenzinitiative. Nach einer Kehrtwende des Nationalrats sieht es nun so aus, als lege das Parlament einen Gegenvorschlag dazu vor. Womit die Abstimmung wohl hinfällig würde.

von Larissa Rhyn

Zum Scheitern fehlte nicht viel. Hätte der Nationalrat am Mittwoch erneut Nein gesagt, wäre die Transparenzinitiative «nackt» an die Urne gekommen – sprich: ohne, dass das Parlament ihr etwas entgegengesetzt hätte. Doch nachdem der Gegenvorschlag im Nationalrat in einem ersten Anlauf keine Chance gehabt hatte, wurde er nun überraschend deutlich angenommen. Der Grund ist eine zentrale Anpassung an der Vorlage.

Parteien sollen neu Einzelspenden ab einem Betrag von 15 000 Franken öffentlich machen müssen. Bisher lag diese Schwelle bei 25 000 Franken. Die Änderung beantragt hat der FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt. Er sagt, eine Vorlage, welche die Grenze bei 25 000 Franken ansetze, wäre ein «Pseudo-Gegenvorschlag» gewesen. Nun kommt das Parlament den Initianten, welche die Grenze für die Offenlegung von politischen Spenden bei 10 000 Franken ansetzen, stark entgegen.

Auf den Kompromiss hingearbeitet haben auch mehrere Parlamentarierinnen von Mitte-links. Eine von ihnen ist die GLP-Nationalrätin Corina Gredig. «Seit der Dezembersession waren wir mit unseren verschiedenen Fraktionen, aber auch mit den Initianten in Kontakt, um eine Lösung zu finden. Bei 15 000 Franken haben wir uns schliesslich gefunden.» Zusätzlich sollen neu Stichprobenkontrollen bei Parteien möglich sein.

Initiative hätte an der Urne gute Chancen 

In der Gesamtabstimmung im Nationalrat haben SP, Grüne, GLP, FDP und ein Teil der Mitte Ja gestimmt. Das Resultat fiel mit 113 zu 78 Stimmen deutlich aus. Dass trotz der tieferen Schwelle fast alle freisinnigen Parlamentarier Ja stimmten, erstaunt. Silberschmidt sagt: «Für uns hatte das Thema Transparenz bisher nicht oberste Priorität. Aber da es nun ohnehin auf der Agenda ist, wollten wir einen Beitrag für eine umsetzbare Lösung leisten.» Denn es habe sich gezeigt, dass die Initiative in der Bevölkerung gute Chancen hätte. «Kein Gegenvorschlag wäre deshalb sicher die schlechteste Lösung.»

Im ersten Anlauf war die Vorlage im Nationalrat an einer unheiligen Allianz gescheitert. Teile der Bürgerlichen und der Mitte waren skeptisch, die Ratslinke kritisierte sie als wenig griffig. Die SP-Nationalrätin Samira Marti, die mit Gredig und Silberschmidt auf den Kompromiss hingearbeitet hat, sagt, die Grenze für die Transparenz liege noch immer hoch: «Der Medianlohn in der Schweiz liegt bei etwas mehr als 6000 Franken. 15 000 Franken können nur die wenigsten Leute an eine Partei spenden.» Trotzdem sei dies eine tragbare Lösung für die Sozialdemokraten. Sollte der Ständerat versuchen, die Grenze auf 20 000 Franken zu erhöhen, wäre dies aus Martis Sicht eine «wenig brauchbare Lösung».

Ein Rückzug der Initiative ist wahrscheinlich

Die Co-Präsidentin des Initiativkomitees, Nadine Masshardt, betont, schon 10 000 Franken seien viel, zumal in einigen Kantonen Spenden bereits ab 3000 oder 5000 Franken transparent gemacht werden müssten und im europäischen Durchschnitt die Offenlegungsschwelle wesentlich tiefer sei. «Aber im Sinne eines Kompromisses ist das Resultat trotzdem sehr erfreulich. Besonders weil der Nationalrat seit den 1960er Jahren sämtliche Transparenzvorlagen abgelehnt hat», so die SP-Nationalrätin. 

Das Komitee will über das weitere Vorgehen beraten, bevor sich die zuständige Kommission im Ständerat erneut über die Vorlage beugt. Vorher sagt Masshardt nichts dazu, ob sie und ihre Kolleginnen und Kollegen die Initiative noch immer an die Urne bringen wollen, falls der Gegenvorschlag im Sinne des Nationalrats durchkommt. Sowohl Gredig als auch Silberschmidt erklären aber, sie hätten von den Initianten Signale erhalten, dass sie ihr Anliegen in diesem Fall zurückziehen würden.

Fordert der Ständerat eine weitere Anpassung?

Die angepasste Vorlage könnte im Ständerat durchaus Chancen haben. Es waren seine Staatspolitikerinnen und -politiker, die ursprünglich auf einen Gegenvorschlag gedrängt hatten. Zudem hat der Ständerat bereits bei der Kampagnenfinanzierung einen grossen Schritt gemacht. Zuerst war vorgesehen, dass Komitees Zuwendungen erst offenlegen müssen, wenn ihr Budget 250 000 Franken übersteigt. Einer Senkung dieser Grenze auf 50 000 Franken hat der Ständerat im Dezember zugestimmt.

Den meisten Ständeräten dürfte ein zusätzlicher Punkt, den der Nationalrat eingebaut hat, sauer aufstossen: Sie sollen ihre eigenen Wahlkampfbudgets transparent machen. Zusätzlich müssten Parteien künftig offenlegen, wie viel Geld sie von Mandatsträgern erhalten. Denkbar ist, dass sich die Ständeräte auf die 15 000 Franken einlassen, dafür aber die Transparenzvorgabe für sich selbst wieder streichen. Und damit einen Kompromiss aus dem Kompromiss zimmern.

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