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Der defekten Plattform MeineImpfungen.ch droht das Aus. Die Zusammenarbeit zwischen dem BAG und der Stiftung bröckelt, das Vertrauen ist futsch und die Politik setzt bereits auf neue Lösungen.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat jahrelang die Plattform «MeineImpfungen.ch» gefördert und unterstützt. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, mitzumachen und höchst persönliche Impfdaten freizugeben. Drei Tage nach dem Datenskandal will beim Bund aber niemand die Verantwortung übernehmen.

Dies ging aus dem ersten «Point de Presse» des Bundes am Mittwochnachmittag hervor. Auch auf wiederholte Nachfrage vermieden es Vertreterinnen des BAG tunlichst, von «Verantwortung» zu sprechen – «Verantwortung» dafür, dass jahrelang öffentliche Subventionsgelder an die Stiftung flossen. Jeweils ohne allfällige Verpflichtungen vertraglich zu regeln und ohne dafür zu sorgen, dass Unberechtigte mit einfachsten Mitteln an Impfdaten der Bevölkerung kommen.

Ganz ohne Rückzieher ging es dann aber doch nicht. Das BAG distanziert sich zunehmend von der Stiftung – es könnte gar zum definitiven Bruch mit der Plattform kommen.

BAG verlässt Stiftungsrat

So kündigte Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, auf watson-Nachfrage an, den Stiftungsrat verlassen zu wollen, damit es keine Überschneidungen gebe und die verschiedenen Rollen geklärt würden. Masserey stiess bei diesem Gremium im Januar 2021 dazu, als die Impfkampagne des Bundes an Fahrt aufnahm. Ihrer Aussage nach sei ihre Rolle dort nur jene einer «Expertin» gewesen.

Das BAG sprach zuvor im Dezember 2020 der Plattformbetreiberin 450’000 Franken zu, um Ausbauarbeiten für die Corona-Impfkampagne und «wichtige Arbeiten für mehr Datensicherheit und Datenschutz» durchzuführen.

Die BAG-internen Vorstellungen, welche Bedeutung das myCOVIDvac-Modul von «MeineImpfungen.ch» dereinst erhalten solle, sprachen eine deutliche Sprache: Damit solle die «Dokumentation der Covid-19 Impfkampagne und das notwendige kantonale und bundesweite Impfmonitoring» ermöglicht werden. Das BAG schwärmte im Janaur 2021 gar von der jahrelangen Zusammenarbeit im Rahmen des «normalen E-Impfausweises». Dass dieselbe Stiftung nun erneut Bundesgelder für den Corona-E-Impfausweis erhalte, sei «eine konsequente Weiterführung der BAG-Strategie», so ein Mediensprecher.

Zwischen BAG und Stiftung herrschte kollegiale Atmosphäre

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Seiten war so eng, dass sich das BAG bereits im September 2020 bei der Stiftung wegen Corona-Anpassungen meldete, als die Impfkampagne noch in weiter Ferne schien. Bezahlt wurden diese Arbeiten drei Monate später, als klar wurde, dass die 450’000 Franken Bundesgelder definitiv an die Stiftung fliessen würden. «Die Stiftung hat ihre Hausaufgaben gemacht», so die Begründung von Kim Sang-Il, Leiter der digitalen Transformation beim BAG, wenige Tage nach der Auftragsvergabe.

Von dieser fast schon kollegialen Atmosphäre scheint nach dem Datenskandal-Bericht der «Republik» wenig übrig. 

Es könnte gar das Aus drohen, weil der Plattform der staatliche und sichere Anschein fehlt, jetzt, wo das BAG sich komplett distanziert und jegliche Verantwortung abschiebt. Auf die Frage, ob man überhaupt noch mit der Stiftung zusammenarbeiten werde, sagte BAG-Chefin Lévy: «Es ist zu früh, dies jetzt zu beurteilen.» Die Hausaufgaben müssten erst gemacht werden, dann werde man weiter schauen.

Politik fordert Klarheit beim neuen Impfzertifikat

Hinzu kommt die Frage, ob die Plattform überhaupt noch das Vertrauen in der Bevölkerung geniesst. Die Verärgerung ist gross. «Es ist ein Skandal, der untersucht werden muss», sagt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt. «Ich bin sehr enttäuscht», klingt es von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher. Ihre Hoffnung liegt nun im angekündigten Impfzertifikat. 

«Wir hörten heute, dass es dezentral und fälschungssicher sein soll – das klingt schon mal vielversprechend. Es braucht aber eine gesetzliche Grundlage, die die Detailfragen dazu klärt, damit es nicht wieder zu einem Fiasko oder gar einer Zwei-Klassen-Gesellschaft kommt», sagt die Thurgauer Politikerin. Auch Silberschmidt sagt: «Es ist schon mal erfreulich, dass der Bund das so schnell angepackt hat. Wir wissen aber, dass man sich bei Ankündigungen aus dem BAG nicht zu früh freuen darf.»

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