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Ob in der Langstrasse oder der Aarbergergasse: Wegen der Polizeistunde drängten sich hunderte auf den Strassen und feierten ausgelassen weiter. Nun wächst der Druck, die Sperrstunde zu kippen.

Ob an der Zürcher Langstrasse, in der Steinenvorstadt oder in der Berner Aarbergergasse. Letzten Samstag strömten punkt Mitternacht tausende Nachtschwärmer gleichzeitig aus den Bars und Clubs in die Gassen. Dies nicht freiwillig: Wegen der Corona-Sperrstunde müssen die Lokale ihre Gäste alle gleichzeitig auf die Strasse stellen. 

Dies führte zu problematischen Situationen in den Party-Hotspots. Nachteulen drängten sich vor geschlossenen Club und feierten lautstark, betrunken und eng umschlungen in den Gassen weiter. «Es war Halligalli-Stimmung in der Aarbergergasse. Natürlich sind die Leute nicht einfach nach Hause gegangen. Die Sperrstunde verunmöglicht ein vernünftiges Nachtleben und ist dazu noch kontraproduktiv», sagt Max Reichen von der Bar- und Clubkommission (Buck). Im Gegensatz zu den Clubs, sei auf den Strassen zudem ein Contact-Tracing unmöglich. 

«Eine Staffelung der Corona-Polizeistunde hätte einen positiven Effekt.»

Reto Nause, Sicherheitsdirektor Bern

Nicht wirklich «amused» über die vom Bundesrat verordnete «prohibitive» Sperrstunde ist auch der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Es sei an der Zeit, dass auch im Nachtleben Verbote durch Eigenverantwortung abgelöst würden. 

Bei den sogenannten «mediterranen Nächten» mit verlängerten Öffnungszeiten von Aussenbars in bestimmten Zonen habe Bern in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Dies hat zur Folge, dass nicht alle Lokale gleichzeitig schliessen. «Das hat die Gassen beruhigt. Eine Staffelung der Corona-Polizeistunde hätte nach meiner Einschätzung ebenfalls einen positiven Effekt», so Nause. 

Auch FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (25) will die Sperrstunde so rasch als möglich weghaben. «Sie führt zu Lärm und Littering und damit nur zu neuen Problemen in den Städten, ohne epidemiologisch einen Mehrwert zu bringen.» 

«Mir ist es also lieber, wenn sich die Menschen um Mitternacht draussen treffen, als wenn sie mit steigendem Alkoholpegel in Clubs verweilen.»

Olivia Keiser, Epidiemologin

Die Epidiemologin Olivia Keiser sieht steht hingegen weiter hinter der Sperrstunde. Grundsätzlich sei die Ansteckungsgefahr im Freien deutlich geringer als in geschlossenen Räumen. «Mir ist es also lieber, wenn sich die Menschen um Mitternacht draussen treffen, als wenn sie mit steigendem Alkoholpegel und damit einhergehender Unvorsicht in den Bars und Clubs verweile», sagt sie in einem watson-Interview. 

Kippt der Bundesrat am 19. Juni die Sperrstunde? 

Der Druck auf den Bundesrat steigt, weitere Lockerungen im Nachtleben vorzunehmen. Dies könnte schon bald der Fall sein. Denn am 19. Juni endet die «ausserordentliche Lage», die Kantone erhalten Kompetenzen zurück. Ob sie die Kantone die Polizeistunde dann wieder selbst regeln können, ist noch nicht abschliessend klar. So oder so wünscht der Berner Sicherheitsdirektor, dass die Stadt punkto Sperrstunden mehr Kompetenzen erhält. «Wir brauchen mehr Spielraum für ein vernünftiges Nachtleben.»

«Es ist jetzt bei uns wie in England. Dort sind die Leute wegen der Sperrstunde einfach um 20 Uhr schon knüppelvoll.»

Max Reichen, Buck

Der Bundesrat hat die Polizeistunde einst auch damit begründet, dass bei den Nachtschwärmern die Gefahr von übermässigem Alkoholkonsum zu später Stunde steige, so dass die BAG-Regeln nicht mehr eingehalten würden. Für Max Reichen ist dieses Argument hinfällig: «Es ist jetzt bei uns wie in England. Dort sind die Leute wegen der Sperrstunde einfach um 20 Uhr schon knüppelvoll.»

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