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Nach dem Muster des CO2-Ziels von netto null Ausstoss bis 2050 soll es auch für die AHV ein solches Nachhaltigkeitsziel geben. Der Bundesrat hat dieses Ziel nun in seiner Antwort auf einen Vorstoss im Prinzip unterstützt. Doch die schmerzhaften Entscheide kommen erst später.

von Hansueli Schöchli

Netto null. Das ist das deklarierte Ziel des Bundesrats für den CO2-Ausstoss der Schweiz im Jahr 2050. Der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt will mit einer Motion den Bundesrat auch in der Altersvorsorge zu Nachhaltigkeit verpflichten. Gemäss dem Vorstoss müsste die Regierung das Ziel, dass die AHV bis ins Jahr 2050 «nachhaltig und generationengerecht finanziert werden muss», beschliessen und umsetzen. Gemeint sei damit, dass die AHV im Jahr 2050 kein Umlagedefizit produziere – die Beiträge müssten also mindestens so hoch sein wie die Rentenzahlungen. Gemäss der Motion ist das Ziel je zur Hälfte durch Mehreinnahmen und Minderausgaben zu erreichen.

Der Vorstoss hat in der Regierung eine Kontroverse ausgelöst. Sozialminister Alain Berset wollte dem Vernehmen nach die Forderung nach einer ausgeglichenen Rechnung 2050 trocken ablehnen. Eines der Argumente: Die Altersvorsorge sei in Form des Pakets «AHV 21» zurzeit ohnehin Gegenstand von Diskussionen im Parlament. Zudem liege 2050 zu weit in der Zukunft, um zuverlässige Prognosen zu erlauben. Dass man Letzteres auch hinsichtlich der Klimapolitik oder der Energiestrategie sagen könnte, liess das Innendepartement nicht gelten.

Was heisst hier «gerecht»?

Aufgrund von Interventionen aus anderen Departementen musste Berset zurückbuchstabieren. Diesen Mittwoch hat die Regierung eine modifizierte Stellungnahme verabschiedet. Demnach teilt sie «die Zielsetzung der Motion, wonach die AHV nachhaltig und generationengerecht finanziert werden muss». Die Vorlage «AHV 21» sichere das Gleichgewicht bis 2030, und die Zielsetzung solle «auch für die folgenden Jahrzehnte gelten».

Was «generationengerecht» heisst, ist aber Ansichtssache. Der Bundesrat scheint gemessen an seinen bisherigen Vorschlägen die Generationengerechtigkeit als erfüllt anzusehen, wenn vor allem die Jungen die Lasten tragen. Je stärker die Politik das Ungleichgewicht in der AHV vor allem durch Mehreinnahmen korrigiert, desto grösser sind die Lasten für die Jüngeren. Bei einem Anstieg der Lohnbeiträge wird zum Beispiel ein 60-Jähriger im Mittel nur noch etwa fünf Jahre lang zusätzlich belastet, ein 30-Jähriger dagegen sieben Mal so lange und ein Rentner überhaupt nicht. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zahlen wenigstens die Rentner mit.

Bei Korrekturen auf der Ausgabenseite wären die Lasten weit eher gleichmässig zwischen den Generationen verteilt. Aus dieser Sicht die «beste» Variante wäre das Einfrieren der nominalen Renten, was alle treffen würde. Die zweitbeste Variante wäre die Erhöhung des Rentenalters, was alle ausser die Pensionierten gleich betrifft. Doch das Ausmass der Generationengerechtigkeit im Sinn der gleichmässigen Lastenverteilung ist umgekehrt proportional zur Popularität der betreffenden Massnahme in Bundesbern. Der politische Einfluss der Älteren an der Urne und anderswo ist viel grösser als jener der Jüngeren.

Einseitige Korrektur

So ist denn der zweite Teil des besagten AHV-Vorstosses im Gesamtbundesrat durchgefallen. Die Forderung, das Nachhaltigkeitsziel je zur Hälfte via Mehreinnahmen und Minderausgaben zu erreichen, würde laut Regierung den Handlungsspielraum zu stark einschränken. Und zudem würde die im Parlament steckende AHV-Reform «relativiert». In der Tat. Laut Bundesschätzung würde der Reformvorschlag die AHV-Rechnung für das Jahr 2030 um knapp 2,7 Milliarden Franken verbessern, wovon fast 2,3 Milliarden und damit 86 Prozent auf Mehreinnahmen entfielen. Es wären gar 93 Prozent unter Einberechnung des vom Volk 2019 angenommenen Pakets Firmensteuern/AHV-Milliarden.

Nationalrat Silberschmidt will nun den ersten Teil seiner vom Bundesrat abgelehnten Motion als separaten Vorstoss bringen, den die Regierung kaum mehr ablehnen könne. Doch was dies hiesse, zeigt sich erst, wenn es ernst wird. Gemäss Botschaft des Bundesrats von 2019 zum Paket «AHV 21» wäre das AHV-Betriebsergebnis trotz der Reform ab 2029 jedes Jahr negativ und würde laufend schlechter, bis es im Jahr 2045 ein Minus von 15 Milliarden Franken erreicht. Der AHV-Fonds steckte 2045 mit über 70 Milliarden in den roten Zahlen. Das Korrektur-Menu wird das gleiche bleiben: Mehreinnahmen via Steuern, Subventionen oder Beiträge und/oder Minderausgaben via Rentendeckel oder Rentenaltererhöhung. Doch wenn es weh tun wird, werden viele der jetzt aktiven Politiker in Rente sein.

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