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Votum zur Kostenbremse-Initiative 21.067 vom 31. Mai 2022
Die Initiative der Mitte-Partei fordert, dass der Bund die Gesundheitskosten entsprechend der Entwicklung der Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen regelt. Dazu soll eine Kostenbremse eingeführt werden. Die Initiative vermittelt damit das Gefühl, dass es eine optimale Entwicklung der Gesundheitskosten gibt. Diese entspräche der Entwicklung der Löhne, nicht mehr und nicht weniger. In der Konsequenz würde das bedeuten: Wenn sich die Kosten tiefer entwickeln als die Gesamtwirtschaft, dann muss der Bund Massnahmen ergreifen, damit sich die Kosten wieder entsprechend der Wirtschaft entwickeln. Wenn sich die Kosten aber überdimensioniert entwickeln, dann hätte das wiederum zur Folge, dass der Bund eingreifen muss. Wo er dies aber tun muss, verschweigen die Initiantinnen und Initianten.
Natürlich hat das Volk ein Interesse an tiefen Kosten. Aber ich glaube, das Volk hat ein grösseres Interesse, dass das Gesundheitssystem effizient ist, dass es effektiv ist und dass wir als Regulator keine Fehlanreize im Gesetz bestimmen.
Wenn wir jetzt einfach ein Kostendach bestimmen, dann hätte das eine Rationierung der Leistungen zur Folge. Man müsste dann also bestimmen, welche Behandlungen nicht mehr bezahlt und welche noch bezahlt werden, um ein fiktives Kostendach zu erreichen. Das ist nicht im Sinne der Volksgesundheit.
Ich bin der Überzeugung, dass es andere Massnahmen braucht, um das System wirklich effizienter, effektiver und ohne Fehlanreize auszugestalten. Ich sehe vor allem Potenzial in der Digitalisierung. Wenn ich von Digitalisierung spreche, meine ich nicht, dass wir einfach alles in einem PDF-Ordner ablegen, sondern dass wir wirklich das Potenzial der Daten erkennen. Mit Daten ermöglichen wir mehr Innovation, denn gerade die Pharma besitzt sehr wenige Daten im Verhältnis zur Tatsache, dass sie eigentlich sehr viele Innovationen produziert. Ich denke, dass wir über enormes Potenzial in der Innovation verfügen, wenn wir es hier schaffen, beispielsweise die Daten der Pharma zugänglicher zu machen, ohne dass der Datenschutz verletzt wird. Dies würde mit anonymisierten Daten gelingen. Ich glaube aber auch, dass es sich im gesamten Bereich des sogenannten Customer Journey – also anlässlich eines Anliegens von mir als Patient – fragt, wieso ich nicht einen Online-Arztbesuch beanspruchen kann. Ich bekomme eine E-Medikation; die Bestellung geht direkt in die Versandapotheke, und die Rechnung geht direkt online an die Krankenkasse und wird mir auf dem Bankkonto belastet. Das sind für mich Themen, bei welchen wir in der Schweiz zu wenig weit sind und der Fortschritt leider ausgeblieben ist. Da erhoffe ich mir, dass wir in Zukunft einen Innovationsschub erreichen.
Die Digitalisierung und vermehrte Nutzung von Daten hilft uns auch, die Silos aufzubrechen. Das Gesundheitssystem funktioniert heute noch zu stark in einzelnen Silos. Auch wenn es darum geht, die Finanzierung der ambulanten Behandlung und der stationären Behandlung gleich zu handhaben, sind wir in der Politik leider immer noch nicht vorwärtsgekommen. Dabei wäre es richtig, immer mehr auch ambulant zu behandeln, dass es keine Fehlanreize gibt, es weniger Übernachtungen in den Spitälern braucht und somit die Kosten gesenkt werden.
Wir brauchen auch Massnahmen im Tarifbereich. Die Ärzte arbeiten mit Tarifen, die über 20 Jahre alt sind. Das Kostenwachstum ist enorm. Da hoffe ich sehr, dass die Player im Gesundheitswesen, die alle ihre Interessen haben – ich habe im Übrigen keine Interessenbindung im Gesundheitsbereich -, sich endlich an einen Tisch setzen und sich einigen können, um die Tarife zu erneuern. Neben neuen Tarifen braucht es auch Pauschalen. Wir sollten dort, wo es möglich ist, mit Pauschalbeiträgen arbeiten, sodass es auch einen Anreiz gibt, effizienter zu arbeiten.
Last but not least bin auch der Überzeugung, dass wir im Gesundheitssystem die Eigenverantwortung stärken müssen, beispielsweise indem man auch eine höhere Franchise abschliessen kann. So müssen die Menschen, die selber für ihre Gesundheitskosten, für die Prävention aufkommen, nicht diesen sehr starken Anstieg der Prämien mitfinanzieren. Ich glaube auch, dass wir die Silos aufbrechen müssen. Die Apotheken sollen mehr Kompetenzen erhalten, um niederschwellige Behandlungen dort machen zu können, wo es am effizientesten und effektivsten ist.
Sie hören, es gäbe viele Ideen, das Gesundheitssystem besser und auch kosteneffizienter zu machen. Also lassen Sie uns über diese Ideen diskutieren, streiten, sie vorwärtsbringen. Doch ein Globalbudget, das einfach nur eine optimale Kostenzahl vorgibt aber nicht mehr, hilft in dieser Debatte nicht weiter.