Einreichungsdatum: 29. September 2021
Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Evaluation der erst- und zweitinstanzlichen Gerichtspraxis zum revidierten Unterhaltsrecht (in Kraft seit 1.1.2017) mit Fokus auf die Obhuts- und Besuchsrechtsregelung zu erstellen. Diese Evaluation soll in einer repräsentativen Auswahl von Kantonen untersuchen, wie häufig Formen alternierender Obhut a) in absoluten Zahlen, b) in strittigen Fällen und c) im Verhältnis zur Gesamtzahl der Scheidungs- und Trennungsurteile, in welchen minderjährige Kinder betroffen sind, angeordnet wurde. In der Evaluation soll ersichtlich sein, wie alt die Kinder sind/waren und welche Anträge die Eltern gestellt haben. Ebenso muss klar herausgelesen werden, welche Betreuungsanteile Väter respektive Mütter abdecken. Neben den Auswirkungen der Gesetzesrevision auf die Praxis ist auch abzuklären, ob und allenfalls wie sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu auf die erst- und zweitinstanzlichen Urteile ausgewirkt hat.
Begründung
Die Revision des Unterhaltsrechts hat seit 2017 verschiedene Neuerungen gebracht und das Bundesgericht veranlasst, in mehreren Leiturteilen seine Auslegung zu präzisieren. Im Zentrum des Postulats steht der Aspekt der alternierenden Obhut, die im revidierten Gesetz explizit erwähnt wird und neu auch bei Uneinigkeit zwischen den Eltern vom Gericht geprüft werden muss.
Das vorliegende Postulat wird als notwendige Ergänzung zum Postulat Altermatt (19.3503) verstanden, das sich mit erfolgreichen Ansätzen im Vollzug der gemeinsamen Elternschaft befasst und das vom Bundesrat bereits entgegen genommen wurde. Dieses verlangt eine Evaluation von Modellen und Möglichkeiten zur Förderung einvernehmlicher Konfliktlösungen im Fall von Trennung und Scheidung. Eine Analyse der erst- und zweitinstanzlichen Rechtsprechung ist in der Tat unerlässlich, weil heute keine Transparenz über die Gerichtsusanz in der Beurteilung der Obhuts- und Betreuungsfrage besteht. Ein besonderer Fokus auf die alternierende Obhut ist dabei fachlich wie politisch angezeigt.
Der Bundesrat hat bereits festgehalten, dass „regelmässige persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen“ für Kinder etwas absolut Zentrales sind. Diese „kann man dann am besten sicherstellen, wenn eine alternierende Obhut vorgesehen wird“ (AB 2015 N 423). Aus diesen und weiteren Gründen ist es für eine faktenbasierte Familienpolitik notwendig, in Erfahrung zu bringen