Sehr geehrte Herr Alterspräsident
Frau Stadtpräsidentin, Damen und Herren Stadträte
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Ein wirklich sehr altgedienter Politiker hat mir kurz nach den Wahlen ungefragt den Rat gegeben, ich solle doch als Neugewählter zunächst einige Monate einfach zuhören, bevor ich das erste Mal das Wort ergreife – das gehöre sich so. Das mit dem Zuhören habe ich gerne versprochen… Das mit dem Schweigen fällt mir, wie manche wissen, viel schwerer. Und so ist es mir natürlich eine grosse Ehre und Freude, dass ich gleich an der konstituierenden Sitzung zum Reden gezwungen werde… Und natürlich bin ich beeindruckt, dass ich zu dieser Eröffnung zusammen mit Joe Manser das Wort erhalte. Als der Herr Alterspräsident 1989 in dieses Parlament gewählt wurde, war ich noch längst nicht auf der Welt…
Seit ich vor wenigen Jahren aus dem Zürcher Oberland in unsere WG in der Stadt gezogen bin, habe ich natürlich rasch gemerkt, dass Zürich eine ganz besondere Gemeinde ist und auch sein will. Das liegt nicht nur an der Grösse, obwohl ich hie und da in Versuchung bin, Kantonsparlamentariern aus der Inner- oder der Zentralschweiz, die uns Zürchern die Welt erklären wollen, darauf hinzuweisen, dass bei uns ein einzelnes Quartier manchmal deutlich mehr Einwohner hat als ihr ganzer Kanton… Das stellt doch manches Zürich-Bashing in die richtigen Proportionen. Sie hören es: Es ist mir nicht schwer gefallen, das – sagen wir es höflich – Zürcher Selbstbewusstsein zu übernehmen… Aber all das, was unsere Stadt leistet, ist ja auch wirklich beachtlich: hier ist das eigentliche Wirtschaftszentrum unseres Landes, aber auch ein so grosses Kultur- und Freizeitangebot, das keinen Vergleich mit grossen Städten im Ausland zu scheuen braucht. Besonders beeindruckt mich aber persönlich die tägliche Integrationsleistung hier in Zürich: Wer von aussen zuzieht, wird – nicht von allen, ich weiss das -, aber von vielen mit Offenheit und Respekt willkommen geheissen; das ist keine Selbstverständlichkeit.
Vor diesem Hintergrund ist mir bewusst, dass wir als städtische Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine grosse Verantwortung haben. Die Mentalität des Besserwissens scheint mir ebenso wenig zielführend wie jene des Ausruhens auf dem Erreichten. Für meine Generation bedeutet das Zusammenleben in einer Stadt wie Zürich, dass es für viele immer weniger eine strikte Trennung zwischen Arbeit, Freizeit und Familie gibt. Es gehört alles irgendwie zusammen. Lassen Sie mich dies an zwei kurzen Beispielen ausführen:
Hierzulande entstehen immer mehr Start-Up Firmen, die ganz bewusst nicht auf die Ewigkeit ausgerichtet sind. Sie kommen, verändern sich und verschwinden manchmal auch so rasch wieder, wie sie gekommen sind. Diese Form von Unternehmertum erlaubt es, rasch auf die sich auch wandelnden Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen. Man versucht als Jungunternehmer dort zu sein, wo das wirkliche Leben stattfindet, und bringt so Menschen näher zusammen. Eine solche Entwicklung bedingt, Sie ahnen, was jetzt kommt, unkomplizierte Zwischen- und Umnutzungen. Nötig sind natürlich rasche Bewilligungen. Es kann einfach nicht sein, dass eine Firma innert Wochen startklar ist, dann aber Monate auf die eine oder andere Bewilligung warten muss.
Umdenken müssen wir, davon bin ich überzeugt, auch bei der Stadtentwicklung. Ja, auch ich bin dafür, dass geschützt wird, was wirklich schützenswert ist. Aber nicht selten habe ich den Eindruck, dass ob dieses ganzen Schützens in Vergessenheit gerät, dass auch wir heute durchaus in der Lage sein sollten, Neues zu entwickeln und zu bauen, dass dann hoffentlich in einigen Jahrzehnten aufgrund seiner Qualität als ebenfalls schützenswert angesehen wird. Übrigens: Solche Lösungen finden wir meines Erachtens immer dann, wenn wir unsere ideologischen Schützengräben verlassen und gemeinsam versuchen, wenigstens Jahrzehnteprojekte zu realisieren. Sie dürfen mich gerne daran erinnern, falls ich gelegentlich auch wieder im Schützengraben bin…
Ich wünsche uns allen eine spannende, kontroverse, ernsthafte, aber auch lustvolle Ratsarbeit in dieser neuen Legislatur. Und ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie immer auch an die Anliegen der jungen Generation denken. Wir wollen unseren Beitrag leisten – und das natürlich nicht nur hier im Parlament, sondern vor allem im Alltag. Alle Generationen gehören zu unserer Stadt. Sie alle machen Zürich aus und wir haben es in der Hand, Lösungen zu finden, die über die Generationengrenzen hinweg Sinn machen.
Ich freue mich auf unsere Arbeit!