Was, wenn Cannabis legal wäre? Ein Blick zurück auf mutigere Zeiten in der Schweizer Drogenpolitik hilft weiter.
Stellen wir uns vor, Cannabis ist in drei Jahren legalisiert. Ein Drogenhändler spaziert an der Zürcher Chinawiese entlang. Spottbillig preist er seine Ware an. Doch niemand will sie. Denn lizenzierte private Verkaufsstellen in der Schweiz bieten sauberes Cannabis zu fairen Preisen an. Der Dealer bleibt auf seiner gestreckten und verunreinigten Ware sitzen.
Eine utopische Vorstellung? Keineswegs. Es bräuchte nur die Legalisierung von Cannabis, dann wäre das Realität. Als ich zur Welt kam, war die Schweizer Drogenpolitik mutig und innovativ. Im Jahr 1994 führte die Stadt Zürich erste Versuche einer ärztlich kontrollierten Heroinabgabe durch. Wer wie ich zu jung oder noch gar nicht auf der Welt war, um das damalige Elend zu erleben, kann sich heute nur schwer vorstellen, welche Zustände am Platzspitz – damals auch als «Needle Park» bekannt – herrschten.
Aufgrund des Elends am Platzspitz und an anderen Orten haben Politikerinnen und Politiker aus fast allen Parteien – teils gegen die damals noch geltenden Gesetze – entschieden, die Drogenpolitik auf vier Säulen auszurichten: Prävention, Therapie, Schadensminderung, Repression. Dieser Ansatz und die kontrollierte Heroinabgabe haben sich bis heute bewährt. Das Elend konnte unter Kontrolle gebracht werden. Heute ist der Platzspitz wieder eine beliebte Grünanlage.
Leider ist die Schweizer Drogenpolitik seither weitgehend stehen geblieben. Am Beispiel von Cannabis ist dies am offensichtlichsten. Die hohe Konsumrate bei Jugendlichen und die generelle Verbreitung von Cannabis zeigen, dass das bestehende Verbot den Konsum nicht hemmt. Das Verbot führt im Gegenteil dazu, dass der Schwarzmarkt floriert und keine Qualitätskontrollen stattfinden können. Man hört von Hanfblüten, die mit Haarspray gestreckt wurden, um an Gewicht (und damit an Wert) zu gewinnen. Wie gesund ist es wohl, Haarspray zu rauchen?
Aus diesen Gründen ist es richtig, dass die Gesundheitskommissionen beider Räte im letzten Jahr beschlossen haben, Cannabis zu legalisieren und zu regulieren. Der Fokus muss dabei auf der Gesundheit der Menschen liegen. Der Konsum, insbesondere bei Jugendlichen, soll abnehmen, der Schwarzmarkt austrocknen und nur auf ihre Qualität geprüfte Cannabisprodukte auf dem Markt angeboten werden.
Der Fokus auf die Gesundheit der Menschen führt dazu, dass der Cannabismarkt in Zukunft streng reguliert, besteuert sowie staatlich kontrolliert sein wird. Ich bin – gerade unter diesen Voraussetzungen – überzeugt, dass die Produktion und der Verkauf unbedingt von privaten Akteuren zu erfolgen haben. Der Staat kann mittels Lizenzen die Erlaubnis erteilen, Cannabis anzubauen und das Produkt zu vertreiben. Der Anbau von Schweizer Cannabis für den Schweizer Markt kann für Landwirte eine grosse Chance sein. Weiter brauchen Verkaufsstellen speziell geschultes Personal, um die Kundinnen und Kunden aufzuklären.
Wird der Markt zu restriktiv ausgestaltet, birgt dies die Gefahr, dass der Schwarzmarkt nicht austrocknet und attraktiv bleibt. Ein staatliches Produktions- und Verkaufsmonopol würde wohl auch dazu führen, dass Innovationen, insbesondere auch gesündere Alternativen, zu wenig erforscht werden. Hier spielen die privaten Akteure eine Schlüsselrolle.
Was wäre anders, wäre Cannabis legalisiert? Wahrscheinlich würde der Konsum nicht wesentlich abnehmen. Der Dealer müsste neuerdings aber einer legalen Arbeit nachgehen. Die Konsumierenden wären nicht mehr den Risiken von verunreinigtem Cannabis oder solchem mit zu hohem THC-Gehalt ausgesetzt. Zu guter Letzt generiert ein legaler Cannabismarkt Steuermittel, um gezielt in die Prävention, vor allem bei Jugendlichen, zu investieren.