Asylsuchende sollen den Kanton für eine längere berufliche Ausbildung oder für eine Arbeitstätigkeit wechseln dürfen

Votum vom 16. Dezember 2020 – 20.063 Ausländer- und Integrationsgesetz (es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Frau Bundesrätin,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Als man den Status der vorläufigen Aufnahme von Asylsuchenden eingeführt hat, wurde ein grosser Fehler gemacht. Man wollte die betroffenen Menschen nicht integrieren, in der Annahme, dass sie bald das Land wieder verlassen werden. 

Man mag es gut oder schlecht finden, doch die Realität ist, dass eine Mehrheit der vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden auch mehrere Jahre nach ihrer Einreise in der Schweiz leben. Aus diesem Grund ist es im Interesse der gesamten Gesellschaft, dass sich die betroffenen Menschen in der Schweiz zurechtfinden und so gut wie möglich auf eigenen Beinen stehen können.

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit bedingt, dass man einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Die gesetzlichen Hürden sind jedoch in manchen Fällen zu hoch. Die FDP Fraktion setzt sich schon länger dafür ein, dass vorläufig aufgenommene Asylsuchende rasch und unkompliziert in den Arbeitsmarkt einsteigen können. Dies bedingt einerseits Bürokratieabbau, um die Arbeitgeber zu entlasten. Andererseits auch gezielte Anpassungen am Ausländer- und Integrationsgesetz. Darüber sprechen wir heute.

Der vorliegende Entwurf setzt eine Forderung des Ständerates um, der verlangte, dass ein Kantonswechsel zukünftig erfolgen darf, wenn dies zum Zweck einer längeren beruflichen Ausbildung oder Arbeitstätigkeit ist. Wir finden dies eine wichtige und richtige Massnahme: Es kann nicht sein, dass jemand nicht einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf, nur weil sie oder er im «falschen» Kanton wohnt. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit steigert nicht nur die wirtschaftliche Unabhängigkeit der betroffenen Person, sondern bringt sie auch unseren Werten und unserer Arbeitskultur näher. Falls die vorläufig aufgenommene Person eines Tages wieder in ihr Heimatland zurückkehren sollte, kann sie so wichtige Erfahrungen mitbringen und das erworbene Wissen vor Ort anwenden. Falls die Person für längere Zeit in der Schweiz bleiben sollte, ist sie, umso länger sie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, umso besser für den Arbeitsmarkt geeignet. In beiden Fällen ist dies nicht nur im Interesse der betroffenen Person, sondern auch im Interesse der Schweiz als Ganzes. Aus diesem Grund unterstütz die FDP Fraktion ohne Wenn und Aber diese und weitere Massnahmen zur Steigerung der Arbeitsmarktfähigkeit von vorläufig aufgenommen Asylsuchenden.

Der vorliegende Entwurf nimmt ein zweites Thema auf, welches die vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden betrifft. Es geht um die Frage, ob und wie ein Verbot zur Rückkehr ins Heimatland geregelt sein soll.

(Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert einen Flüchtling als Person, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren ständigen Wohnsitz hat, und die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht vor Verfolgung nicht dorthin zurückkehren kann.)

Daraus kann geschlossen werden, dass eine Rückreise ins Heimatland im Widerspruch zur Schutzbedürftigkeit steht. In diesem Sinne will die Gesetzesanpassung solche Rückreisen verbieten. Das Verbot soll für die ersten 3 Jahre auch auf alle anderen Staaten ausgeweitet werden, um damit zu verhindern, dass die Person über Umwege zurück ins Heimatland reist. Die FDP Fraktion unterstützt das Verbot der Rückreise in das Heimatland. Ein grundlegendes Reiseverbot muss aber pragmatisch umgesetzt werden; so sollen zum Beispiel Reisen in ein Nachbarland der Schweiz zu Schulzwecken oder aufgrund eines familiären Notfalls nicht ausgeschlossen sein. Wir sind der Meinung, dass solche Ausnahmen entweder im Gesetz oder in der Verordnung geregelt werden müssen. Zum Reiseverbot sei noch folgendes hinzugefügt: Reisen ins Ausland sind heute bereits bewilligungspflichtig, da vorläufig Aufgenommene ja nicht über Schweizer Reisepapiere verfügen. Die Verankerung eines Verbots (mit gewissen Ausnahmen) ist daher folgerichtig und schafft juristische Klarheit.

Kein Verständnis haben wir für die unheilige Allianz aus SVP und SP, welche mit ihrer Verweigerungshaltung sämtliche Verbesserung am Status der vorläufig aufgenommenen Personen verzögern. Dies ist weder im Sinne der betroffenen Personen, noch im Sinne der Schweiz. Ich bitte Sie im Namen der FDP Fraktion, auf das Geschäft einzutreten, um so konkrete Verbesserungen zu ermöglichen. Vielen Dank.

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