Votum zum Geschäft 16.438 vom 16. Dezember 2021
Sehr geehrter Herr Vizepräsident,
sehr geehrter Herr Bundesrat,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen
Wie hoch ist ein angemessener Lohn? Ab wann kann man von einem Exzess sprechen? Ich bin überzeugt, dass es auf diese beiden Fragen in diesem Saal zweihundert verschiedene Antworten gibt. Es ist auch schwierig, eine solche Debatte aus dem Bauch heraus zu führen. Als Unternehmer weiss ich, dass Lohn nicht gleich Lohn ist. Ein Lohn kann sich an den geleisteten Stunden, am Output, an der Verantwortung oder am Erfolg orientieren. Meistens ist es eine Kombination aus allen aufgeführten Faktoren. Eine CEO eines Konzerns verdient wahrscheinlich nicht eine Million Franken, nur weil sie viel arbeitet. Oftmals sind hohe Löhne auch abhängig von der Leistung und der Verantwortung, die man trägt. Entscheidungen auf der Stufe einer Geschäftsleitung haben oft grosse Auswirkungen auf das Wohlergehen der Firma und damit auch der Angestellten, der Lieferanten und der Kunden. Für die FDP ist klar, dass sich Leistung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, lohnen müssen; und dieser Lohn kann und soll nicht vom Gesetzgeber festgeschrieben werden. Für uns ist aber auch klar, dass die Leistungskomponente nicht nur als Bonus, sondern auch als Malus gelten soll. Es gibt selbstverständlich immer wieder einzelne Beispiele, wo das nicht funktioniert. Aber da ist der Aufstand der Eigentümer jeweils nicht weit entfernt, was auch gut ist.
Wie Sie merken, ist die Frage der Entlöhnung – und dann immer einer sogenannt gerechten Entlöhnung – vielschichtig. So ist es auch keine Überraschung, dass die vorliegende parlamentarische Initiative zu Diskussionen geführt hat, die bereits fünf Jahre andauern. Sie will nämlich einen Lohndeckel für bundesnahe Betriebe festlegen. Chefs der SBB, Swisscom oder SRG sollen nicht mehr als eine Million Schweizerfranken verdienen dürfen.
Wir lehnen einen solchen Lohndeckel ab; nicht, weil wir der Meinung sind, dass die Arbeit dieser Menschen zwingend so viel wert ist. Es ist schlicht und einfach nicht unsere Aufgabe, dies zu regulieren.
Einerseits ist es falsch, wenn man Unternehmen wie die SBB, die Swisscom und die SRG gemeinsam reguliert. Während die SBB im Besitz des Bundes sind, ist die Swisscom nur zum Teil im Bundeseigentum und börsenkotiert. Die SRG ist ein Verein und damit – zumindest rechtlich – unabhängig vom Staat. Es ist also falsch, eine Einheitsregel für derart verschiedene Firmen zu verabschieden. Die meisten Chefinnen und Chefs von bundesnahen Betrieben verdienen auch niemals eine Million Schweizerfranken. Wenn wir nun aber dort das Limit ansetzen, kann es einen Anreiz oder Wettbewerb auslösen, mehr zu verdienen.
Die vorliegende Gesetzesanpassung führt im schlimmsten Fall somit dazu, dass die Lohnsumme in der Chefetage steigt und nicht sinkt. Wir sind der Auffassung, dass der Bundesrat hier in der Verantwortung steht und bleiben soll. Er respektive das dafür zuständige Departement muss in den Eignergesprächen Verantwortung übernehmen und dort die Lohndiskussion führen. Diese Diskussion muss aber für jede Firma einzeln geführt werden.
Aus diesem Grund lehnen wir eine solche Symbolpolitik entschieden ab und bitten Sie, dem Ständerat zu folgen. Der Ständerat ist in der Vergangenheit auf dieses Geschäft aus staatspolitisch verständlichen Gründen nicht eingetreten und wird dies – so hoffe ich – auch nach wie vor nicht tun. Es wäre gut, wenn wir das Geschäft gemeinsam ad acta legen können.