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Wollen sich die Politiker kurz vor der Wahl die Finger nicht mehr verbrennen?

Es ist Wahljahr und eine grosse AHV-Abstimmung liegt hinter uns. Doch bereits zwei weitere Vorlagen sind in den Startlöchern, weisen aber geringere Erfolgschancen auf. Welche Rolle spielt hierbei das Timing?

von Alex Rudolf

Ende Monat treffen sich die eidgenössischen Räte zur Sommersession. Verhandelt wird dann auch ein politisches Dauerbrenner-Thema: die AHV. Und zwar in Form der Renteninitiative («Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge») der Jungfreisinnigen.

Der Vorschlag sieht vor, dass erst das Rentenalter einerseits für beide Geschlechter auf 66 Jahre erhöht wird und andererseits fortan an die Lebenserwartung gekoppelt wird. «Es geht um die nachhaltige Finanzierung unseres wichtigsten Sozialwerkes», sagt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt zu blue News.

Der Bundesrat wie auch der Ständerat empfehlen die Initiative abzulehnen und wollen dem Vorhaben auch keinen Gegenvorschlag entgegensetzen. Denn der Bundesrat erarbeitet derzeit eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für das Jahrzehnt nach 2030.

«Menschen sind keine Arbeitstiere»

Auf einen in der NZZ vorgebrachten Kompromissvorschlag, wonach im Gegenzug zur automatisierten Erhöhung des Rentenalters die Renten der Ärmeren erhöht werden sollten, erhielt Silberschmidt keine grossen Rückmeldungen: «Linke Kreise zeigen derzeit wenig Kompromissbereitschaft und lehnen sich aus Prinzip gegen die Erhöhung des Rentenalters auf.»

Für Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Grüne) ist der Vorschlag der Jungfreisinnigen indes kein gangbarer Weg: «Menschen sind keine Arbeitstiere und sie haben es verdient, in den Ruhestand zu gehen.» Wer länger arbeiten wolle, der könne die AHV bis zum 70. Lebensjahr zurückstellen und habe dann auch tatsächlich eine bessere Rente. «Die Initiative der Jungfreisinnigen ist ein Affront gegenüber jenen, denen es trotz harter Arbeit im Leben nicht immer gut ging.»

Für Silberschmidt steht aber fest, dass etwas geschehen muss. «Denn die Milliardenverluste werden bald wieder kommen und sie werden sich jährlich wiederholen und zunehmen», sagt er. Vertreter*innen der Mitte und der SVP würden dies auch sehen. «Doch man will die Initiative so schnell wie möglich vom Tisch haben, weil es ein Wahljahr ist.»

Sieht er die Chance, dass der Nationalrat der Initiative der Jungfreisinnigen einen Gegenvorschlag entgegenstellt, der bei einem Nein in Kraft treten würde, schwinden? Die Hoffnung sterbe zuletzt, sagt er. Doch: «Naiv bin ich nicht.»

«Parteien hätten Farbe bekennen müssen»

Auch die Initiative aus linken Kreisen für eine 13. AHV-Rente wird dem Volk ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen. Die Kosten von geschätzten 5 Milliarden Franken jährlich sind laut Bundesrat schlichtweg zu hoch. Prelicz-Huber ist Mitglied des Initiativkomitees. Ihr wäre ein anderes Timing ebenfalls lieber gewesen: «Gern hätte ich die Diskussion darüber, welche AHV wir wollen, im Vorfeld der Wahlen geführt. So hätten die Parteien Farbe bekennen müssen.»

Die Erfolgsaussichten dieser Vorlage werden ebenfalls dadurch gemindert, dass Mitte und GLP bereits zwei Motionen eingereicht haben, die Ähnliches vorhaben. Doch soll hier nicht jede Person eine 13. AHV-Rente erhalten, sondern nur die ärmsten 25 Prozent, was rund eine Milliarde kosten würde, wie Nationalrätin Melanie Mettler (GLP) und Ständerat Beat Rieder (Mitte) im «Blick» sagen.

Für Prelicz-Huber ist auch dieser Vorschlag wenig hilfreich. «Denn auch so würde selbst bei der Maximalrente nicht genug Geld für eine würdige Existenz zusammenkommen», sagt sie.

Es gibt immer Gründe, warum der Moment nicht ideal ist

Welche Rolle spielt das Timing bei den beiden Vorlagen? Am 22. Oktober wählen die Schweizer*innen ein neues Parlament, und die AHV ist ein heikles Thema.

«Als wir die Initiative lancierten, gingen wir von einer früheren Beratung aus», sagt Silberschmidt. Zudem habe auch die Behandlung der AHV 21 länger gedauert als angenommen. «Es kamen mehrere Dinge zusammen.» Gänzlich dem Timing die Schuld geben wolle er jedoch nicht. Denn «man findet immer einen Grund, warum der Moment nicht ideal ist.»

Auch beim Abstimmungstermin ist das Timing speziell.

Voraussichtlich im März 2024 stimmt die Schweiz über die Vorlage der Jungfreisinnigen wie auch über die Vorlage für eine 13. AHV-Rente ab. Ist dies vorteilhaft oder nachteilig?

«Je mehr Vorlagen zum selben Thema zur Abstimmung stehen, desto grösser wird die Verunsicherung», sagt Silberschmidt. Und je grösser die Verunsicherung, desto eher erfolge ein Nein an der Urne.

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