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Die 100-Mrd.-Fr.-Herausforderung

Trotz Annahme von AHV21 bleibt das demografische Problem bestehen. 2050 wird es 1 Mio. Menschen über 65 mehr geben als heute. Zur Rentenfinanzierung sind weitere strukturelle Reformen nötig.

Am 25. September 2022 ereignete sich Historisches: Die Schweizer Stimmbevölkerung sagte nach 25 Jahren des Reformstillstands erstmals wieder Ja zu einer AHV-Reform. Damit gelang es – entgegen dem erbitterten Widerstand und der unlauteren Lügenkampagne der Gegnerschaft –, die Finanzen des wichtigsten Sozialwerks der Schweiz für wenige Jahre zu stabilisieren. Trotz der AHV21-Reform drohen der ersten Säule aufgrund der demografischen Entwicklung jedoch bereits ab 2029 erneut rote Zahlen.

2050 wird es in der Schweiz gemäss dem Bundesamt für Statistik 1 Mio. Menschen über 65 Jahren mehr geben als heute. Das ist 1 Mio. Menschen mehr, die keine AHV-Beiträge mehr bezahlen, dafür aber eine AHV-Rente beziehen.

So teuer wie acht Gotthard-Basistunnel

Gleichzeitig führt die steigende Lebenserwartung dazu, dass wir immer länger eine AHV-Rente beziehen. Während bei der Einführung der AHV 1948 auf 44 Erwerbsjahre durchschnittlich 13 Bezugsjahre folgten, sind es heute bei gleichbleibenden 44 Erwerbsjahren bereits 23 Bezugsjahre. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, liegt auf der Hand.

Unternehmen wir nichts gegen diese strukturellen Herausforderungen, häuft sich gemäss den neusten Zahlen des Bundesamtes für Sozialversicherungen in der AHV bis 2050 ein Schuldenberg von über 100 Mrd. Fr. an – das entspricht den Kosten von acht Gotthard-Basistunneln. War der Bau des Gotthard-Basistunnels ein Generationenprojekt, ist die Sanierung der AHV ein Generationenprojekt hoch acht. Doch zum Glück gibt es dafür eine Lösung.

«Die Höhe des Referenzalters soll nicht mehr länger Spielball der Politik sein, sondern sich an der demografischen Realität orientieren.»

Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen fordert die Erhöhung des heute geltenden Referenzalters von 65 Jahren auf 66 Jahre sowie die anschliessende Kopplung an die Lebenserwartung. Ganz nach dem einfachen Grundsatz: Wer länger lebt, soll länger arbeiten.

Mit diesem Automatismus soll das gesamte System reformiert und vor allem entpolitisiert werden. Die Höhe des Referenzalters soll nicht mehr länger Spielball der Politik sein, sondern sich vorbehaltlos an der demografischen Realität orientieren. Sollte die durchschnittliche Lebenserwartung sinken, würde konsequenterweise auch das Referenzalter nach unten korrigiert.

Reformtakt erhöhen

In der Diskussion über die Höhe des Referenzalters werden Berufe mit hoher körperlicher Belastung und ihre Unvereinbarkeit mit einem höheren Rentenalter genannt. Obwohl es den Sozialpartnern bereits heute und analog dem Baugewerbe offensteht, branchenspezifische Lösungen für einen flexiblen Altersrücktritt auszuhandeln, gilt es, diesen Punkt in der weiteren Diskussion über die Sicherung der AHV zu berücksichtigen.

Eine Möglichkeit stellt die partielle Einführung einer Lebensarbeitszeit dar: Der Bezug einer AHV-Rente ist frühestens nach 44 Beitragsjahren möglich, wenn man im Durchschnitt nicht mehr als 5000 Fr. pro Monat verdient hat.

«Nach dem 25-jährigen Reformstillstand müssen wir uns wieder bewusst werden, dass die AHV ein fortlaufendes Projekt ist.»

So könnten Menschen, die eine Berufslehre absolviert und seit dem 18. Altersjahr ohne hohen Lohn durchgearbeitet haben, ab 62 Jahre in Rente gehen. Ein Akademiker, der zum Beispiel erst mit 28 Jahren in das Berufsleben eingestiegen ist, müsste zwar nicht 44 Jahre lang arbeiten, sondern einfach bis zum dann geltenden Rentenalter.

Nach dem 25-jährigen Reformstillstand in der ersten Säule müssen wir uns wieder bewusst werden, dass die AHV ein fortlaufendes Projekt ist. Allein in den ersten knapp fünf Jahrzehnten ihres Bestehens wurde sie elf Mal reformiert; das ergibt einen Reformtakt von unter fünf Jahren. In diesem Sinn: Packen wir die nächste Reform an und entschärfen wir die tickende demografische Zeitbombe mit strukturellen Massnahmen.

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