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Die Schweizer Banken wurden in die Bewältigung der Coronakrise eingebunden. Sie sollen die Wirtschaft am Laufen halten. Doch was ist mit den Fintechs?

Die Coronakrise stellt nicht nur Gesundheits- und Logistiksysteme auf den Kopf. Die mit der Krise verbundenen finanziellen Turbulenzen bringen auch eine weitere Branche in Bedrängnis, die Schweizer Startup-Szene und damit die Fintechs.

Wie finews.ch bereits Anfang April berichtete, ergab eine Umfrage der Swiss Blockchain Federation, an der 203 Unternehmen aus dem Zuger «Crypto Valley» teilnahmen, dass es der Schweizer Krypto-Branche ans Eingemachte gehe. 79,8 Prozent der Unternehmen gaben an, in den nächsten sechs Monaten höchstwahrscheinlich insolvent zu werden.

Unfaire Kriterien für Notkredite

Gleichzeitig hat eine Umfrage des Startup-Förderprogramms Venturelab unter 660 Startups ergeben, dass 70 Prozent von ihnen nicht vom Hilfspaket des Bundes profitieren können. Dies, weil sie die Bestimmungen zum Umsatz nicht erfüllen: Kunststück, erzielen doch Startups oftmals noch gar keinen Umsatz. 

Dass die Startups nun auf sich alleine gestellt sind, kann man trotzdem nicht sagen. So haben der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt und die Zürcher GLP-Nationalrätin Judith Bellaiche zusammen die parlamentarische Gruppe «Startups und Unternehmertum» gegründet, damit die Jungunternehmen in Bern mehr Gehör finden.

Zu schwache unternehmerische Grundlagen

Gegenüber der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) sagte Silberschmidt, die Unsicherheit bei den Startups bleibe gross. Für KMU habe man in Bern rasch eine Lösung gefunden, jedoch nicht für die Startups. Dabei lebe dieses Ökosystem vom «Deal Flow» also davon, dass regelmässig Finanzierungsrunden stattfinden. Passiere das nicht mehr, bringe das auch solide Startups in die Insolvenz.

Das dürfte gerade im Fintech-Bereich vielen Unternehmen passieren, wie Michael Bornhäusser, Chairman und Managing Partner der 2019 gegründeten Schweizer Venture-Capital-Firma Bulb Capital sowie finews.first-Autor im Gespräch mit finews.ch erklärt: «Viele Jungunternehmen sind eher substanzlos auf der Blockchain-Welle geritten oder im Bereich Vermögensverwaltung. Ihr Ziel war oftmals nur, eine App zu bauen und dies dann möglichst frühzeitig einer Bank zu verkaufen. Das kann nicht die Grundlage für ein neues und nachhaltiges Unternehmen sein.»

Realistische Einschätzungen

Viele Startups haben auch während der Coronakrise mit altbekannten Problemen zu kämpfen. Im Normalfall schaffen es nur 10 bis 15 Prozent der Neugründungen, länger als zwei Jahre zu überleben. Doch nun verschärft die Krise laut Bornhäusser die Situation noch weiter: «Für Startups, die gerade dabei waren, eine Finanzierungsrunde zu starten, wird es jetzt sehr eng. Viele von diesen Firmen werden nicht überleben, so dass die Venture-Capital-Firma ihr Investment abschreiben muss, sofern sie nicht nochmals investieren will.»

Venture-Capital-Geber als Retter der Startups? Nur, wenn man deren Aufmerksamkeit und vor allem dann auch ihre Gunst erwirbt. Doch das gestaltet sich laut Bornhäusser schwierig: «Leider haben viele Startups genau damit die grössten Schwierigkeiten, vor allem in der Schweiz. Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal? Wie sind sie im Markt positioniert, vor allem in Relation zum internationalen Wettbewerb? Vor allem, was ist ihre Firma realistisch wert?» Gerade die letzte Frage ist bei einem Startup, das Geld braucht, in einer Krisensituation laut Bornhäusser die wichtigste: «Und ich hoffe, die Gründer kommen hier mit realistischen Einschätzungen.»

Corona wie ein Meteor im Silicon Valley

Wie handhaben eigentlich die Venture-Capital-Geber die Krise? Viele von ihnen investieren ausser in der Schweiz auch im Silicon Valley, dem weltberühmten Hort für Startups und Tech-Innovationen. Doch gerade dort schlägt die Coronakrise ein wie ein Meteorit. Laut Medienberichten werden kleine Startups entweder von grösseren gekauft, inklusive Personal. Oder sie müssen den Laden dicht machen, weil das Geld ausgegangen ist. Grössere Akteure haben zwar noch keine unmittelbaren Insolvenzängste, müssen dafür um den bevorstehenden Börsengang bangen, der inzwischen auf Eis gelegt wurde.

Was ist da die Alternative, zum Beispiel China? Keineswegs, wenn es nach Bornhäusser geht: «Das Finanzsystem in China lässt das gar nicht zu. Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen als ausländischer Investor in China gewinnbringend zu investieren, selbst wenn man immer nett zur Regierung ist. Bei Joint-Ventures ist eben immer einer Dritter dabei, der die Hand aufhält. Da wartet man besser, bis die Krise vorbei ist – und investiert dann wieder in den USA.»

In Singapur kam Hilfe

Eine weitere Alternative könnte der laut einer letztjährigen Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ beste Fintech-Hub der Welt darstellen: Singapur. Seit mehreren Jahren hat der Stadtstaat am Äquator gegenüber Zürich und Genf die Nase vorn in Sachen Fintechs, insbesondere des technologischen Entwicklungsstands des Landes und der Verzahnung von Politik und Wirtschaft wegen.

Dass eben gerade diese Verzahnung auch den Fintechs zugute kommt, zeigt sich an den Hilfsmassnahmen, die diese Branche in Singapur bekommt: Die Finanzbehörde von Singapur kündigte am 8. April 2020 ein Unterstützungspaketin Höhe von umgerechnet fast 85 Millionen Franken für den Finanz- und Fintech-Sektor an, um die unmittelbaren Herausforderungen der Coronakrise zu bewältigen.

Massnahmen sind verhältnismässig

Die Massnahmen beinhalten zum Beispiel bezahlte Weiterbildungskurse, Lohnzuschüsse, Funding-Unterstützung sowie die Stundung oder Herabsetzung des Mietzinses für Fintechs. Damit sollen die Angestellten unterstützt, die Betriebsbereitschaft und Widerstandsfähigkeit der Branche verbessert, die Digitalisierung beschleunigt und die Kompetenzen in allen Sektoren gestärkt werden.

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